Handel

Starker Auftritt für Allgemeinverbindlichkeit

HAN­DEL Ma­ga­zin (03/2017)
13.11.2017
HANDEL (03/2017) Starker Auftritt für Allgemeinverbindlichkeit

 
2.000 ver.di-Aktive bei Kundgebung in Düsseldorf

Sie waren in der Nacht losgefahren und strömten am 9. September, einem Samstag, in den Düsseldorfer Hofgarten: Rund 2.000 ver.di-Ehrenamtliche aus Betrieben des Handels versammelten sich zu Kundgebung und Demonstration für Tarifverträge in den Betrieben der Branche. Mit Transparenten und selbst gestalteten Papptafeln verwiesen die Teilnehmer/innen auf die prekäre Einkommenssituation in nicht tarifgebundenen Betrieben wie OBI, Amazon, Adler und anderen mehr.

Die Tarifbindung muss gestärkt werden

»Die Beschäftigten der Branche erwarten zu Recht faire Löhne, die tariflich abgesichert sind«, rief der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske den Kundgebungsteilnehmer/innen zu, »sowie eine gesetzliche Stärkung der Tarifbindung und der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen in Deutschland.« Und Stefanie Nutzenberger, ver.di-Bundesvorstandsmitglied für den Handel, wies in ihrem Redebeitrag darauf hin, wie dramatisch die Situation im Handel durch die Tarifflucht vieler Unternehmen geworden sei, was »zu Armutslöhnen und späteren Armutsrenten führt. Die Unternehmen haben sich systematisch aus ihrer Verantwortung gestohlen, zu Lasten der Beschäftigten und ihrer Familien, aber auch der ganzen Gesellschaft, die dieses Geschäftsmodell allein 2015 mit 1,4 Milliarden Euro Steuergeldern subventioniert hat.« Zur Kundgebung gekommen war auch die damalige Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), die bekannte, sich für die flächendeckende Tarifbindung einzusetzen.

Tatsächlich schwindet im Handel die Tarifbindung der Unternehmen dramatisch – nach jüngsten Berechnungen arbeiten im Einzelhandel nur noch 30 Prozent der Beschäftigten, im Groß- und Außenhandel 21 Prozent in tarifgebundenen Betrieben. Seit gut zwanzig Jahren erlaubt eine wachsende Zahl an Arbeitgeberverbänden die so genannte OT-Mitgliedschaft, was »ohne Tarifbindung« bedeutet. Seitdem begehen immer mehr Unternehmen Tarifflucht oder werden erst gar nicht reguläres Mitglied »mit Tarifbindung« im Arbeitgeberverband. Aber die Beschäftigten im Handel sind zunehmend aktiv. So streiken Mitarbeiter/innen unter anderem der Baumarktkette OBI, des Versandhändlers Amazon, der Textilkette Adler fortgesetzt für Tarifverträge. Beim Online-Versandhandel Zalando in Brieselang wird inzwischen sogar über einen Tarifvertrag verhandelt. »Wir sind als ver.di hier stark vertreten«, erklärte bei der AVE-Kundgebung in Düsseldorf Konny Wronowski, Sprecher der Vertrauensleute und Vorsitzender der Tarifkommission im Betrieb. »Damit haben wir die nötige Basis, um unsere Forderungen nach einem Tarifvertrag nachdrücklich zu untermauern. « Andreas Menzel, Betriebsratsvorsitzender in einem OBI-Markt in Dresden, betonte die Bedeutung allgemeinverbindlicher Tarifverträge. Hier seien die Politiker gefragt, aber auch die Beschäftigten, die dauerhaft Druck auf die Arbeitgeber ausüben müssten.

Im Vorfeld der AVE-Demonstration hatten etliche Gesamtbetriebsräte bzw. Betriebsräteversammlungen die Kampagne ausdrücklich unterstützt, etwa von H&M, Zara, Esprit, Primark und Adler. Nicht zuletzt hatte der GBR von Galeria Kaufhof in einer Resolution die Bedeutung der Tarifbindung unterstrichen. »Dieses Modell Galeria Kaufhof kann auf lange Sicht nur bestehen, wenn die regionalen Flächentarifverträge im Handel für alle Beschäftigten gelten.« Deshalb unterstütze der GBR die AVE-Kampagne von ver.di. »Wir fordern einen Wettbewerb unter gleichen – und zwar sozialverträglichen – Bedingungen.«

Weiter für AVE kämpfen

Nach der Bundestagswahl vom 24. September ist allerdings offen, wie die Schwerpunkte in den nächsten Jahren gesetzt werden. Für ver.di steht in jedem Fall fest, dass die Aktivitäten in den Betrieben und Unternehmen fortgesetzt und die Forderungen nach allgemeinverbindlichen Tarifverträgen im Handel weiter mit Nachdruck erhoben werden. [...]

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Alle Infos in der aktuellen HAN­DEL (03/2017)

  • Starker Auftritt für Allgemeinverbindlichkeit
    2.000 ver.di Aktive bei Kundgebung in Düsseldorf

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