Ortsverein Sulzbach-Rosenberg

Wörterbuches des besorgten Bürgers

20.03.2017

Mit dem nötigen Ernst, aber auch mit humurvoller Untermalung in der Stimme, setzten sich die Autoren und Verleger des "Wörterbuches des besorgten Bürgers" Robert Feustel und Nancy Grochol mit der Begriffsaneignung verschiedener Wörter durch Peda-Spaziergänger, AfD-Wähler, stramme Nazis und Rechtsausleger auseinander. Das Repertoire in der Buchhandlung Volkert reichte von !!1!1!! und 89 über Abendland und Verschwulung bis hin zu Zionisten und Zitate.

Mit dieser Veranstaltung wolle man die erst vor kurzem begonne Reihe fortsetzen, die auch nicht die letzte sein werde, betonte bei der Begrüßung  im Namen des Vereins für Politik und Kunst der Wissenschaftliche Leiter des Literaturarchivs Michael Peter Hehl.  Da man ein relativer kleiner Verein sei, habe man die Unterstützung von Ralf Volkert, der die Räume zur Verfügung stellte, dem verdi-Ortsverein und dem DGB-Ortskartell gerne entgegen genommen.

 
Wörterbuches des besorgten Bürgers


Den besorgten Bürgern gehe es nach eigenen Angaben nicht um Diskussionen, sondern um eine andere Sprache. Aus diesem Grund sei ein Gespräch auch nicht das Ziel dieser Wutschnaubenden, die von Politik und Medien zunächst als besorgte Bürger mit berechtigten Anliegen verharmlost werden, betonten die Autoren im Vorwort des Buches. Ein Modus der Begriffsaneignung als radikale Umkehrung, beispielsweise wenn Gida-Gegendemonstranten mit "Nazis raus" angebrüllt werden. Die Antifa seien Antideutsche Faschisten und alle leben in einer Meinungsdiktatur, was auf den Kundgebungen der Besorgten lautstark behauptet werde. Die vermutliche größte Kraf der besorgten Sprache sei die Pauschalierung Lügenpresse, Asylant oder Muslim. Mit dieser Praxis, alle über einen Kamm zu scheren, gehen gefährliche Wertungen einher. Denn es machen einen erheblichen Unterschied, ob man durchaus nötige Medienkritik übe oder sämtliche Presseorgane der permanenten Lüge bezichtige.

"Wer Denken und Sprache besorgter Bürger kritisiere, ist noch lange nicht dicke mit Angela Merkel und Sigmar Gabriel", gaben die Autoren den Besuchern mit auf den Weg. Wobei es Vermessen wäre, besorgte Bürger selbst als Adressaten des Wörterbuches aufzufassen. Wer gegen Widersprüche und einem nüchteren Blick aus dem Fenster derart resitent ist, sei für sachliche Argumente kaum zugänglich. Stattdessen solle das Buch Argumentationshilfen liefern, um nicht im Dickicht besorgter Sprache zu verfangen. Zu viele der teils abgedrehten Deutungen hätten bereits Eingang in den normalen Sprachgebrauch gefunden, wie Asylkritik, was beinharte Ausgrenzungspraxis bedeute, und Flüchtlingskrise. "Wenn es gelingt, ein paar Leute davor zu bewahren, in die Falle besorgter Angsmacher zu laufen, ist schon einiges gewonnen, gaben die Verfasser der Hoffnung Ausdruck. In der Diskussion wurde diese Ansicht unterstützt. Wenn man auf besorgte Bürger treffe, sollte man aber vermeiden, diesen eine politische Plattform zu bieten.

Hinweis
Wörterbuch des besorgten Bürgers, erschienen im Ventil Verlag UG & Co. KG Mainz 2016 mit Beiträgen der Autoren Feustel, Grochol, Prüwer und Reif, ISBN 978-3-95575-068-8

Zitat
Wer Denken und Sprache besorgter Bürger kritisiere, ist noch lang nicht dicke mit Angela Merkel und Sigmar Gabriel.

Wenn es gelingt, ein paar Leute dazu zu bewahren, in die Falle besorgter Bürger zu laufen, ist schon einiges gewonnen.

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