Leitartikel:
Nach den Wahlen: Probleme bleiben dieselben
Neue Koalition muss sich um die drängenden sozialen Fragen kümmern
Mitte Oktober, pünktlich nach der Niedersachsen-Wahl, haben die ersten Sondierungsgespräche für eine so genannte Jamaika-Koalition begonnen. Vertreter/innen von CDU, CSU, FDP und Grünen treffen sich seither in kompletter Runde oder in wechselnden Konstellationen und loten aus, ob und unter welchen Bedingungen ein solches Regierungsbündnis möglich ist.
„Einfacher wird es für die Vertretung von Arbeitnehmerinteressen nicht“, fürchtet der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske mit Blick auf das mögliche Viererbündnis. Er sieht in dem Ergebnis der Bundestagswahl eine klare Niederlage der großen Koalition aus Union und SPD. Der Einzug der AfD in den Bundestag zeuge von dem Empfinden vieler Wähler/innen, dass ihre Sorgen bei den bisher Regierenden nicht genügend Aufmerksamkeit und Respekt gefunden hätten.
Aber auch die neue Regierung müsse sich „der sozialen Probleme annehmen, die dieses Unbehagen bei den Menschen verursachen und die nach einer neuen Sicherheit der Arbeit und mehr sozialem Zusammenhalt verlangen“.
Als Beispiel nennt der ver.di-Vorsitzende das Thema Rente. Angesichts der bisherigen gesetzlichen Festlegungen des gesetzlichen Rentenniveaus werde der Problemdruck weiter zunehmen: „Viele Menschen machen sich Sorgen, wie es mit der Rente weitergehen wird“, so Bsirske. Das habe sich im Wahlergebnis niedergeschlagen. Für die Gewerkschaften könne das nur bedeuten, das Thema Rente weiter zum Gegenstand der politischen Auseinandersetzung zu machen und gesellschaftliche Mehrheiten für einen Kurswechsel in der Rentenpolitik zu schaffen. Das sei ja auch beim gesetzlichen Mindestlohn gelungen.
Für die von ver.di geforderte neue Sicherheit der Arbeit sieht Bsirske unter den potenziellen Koalitionären durchaus Kräfte, die sensibel für Problemlagen wie das Rückkehrrecht von einer Teilzeit- zur Vollzeitbeschäftigung oder die Abschaffung sachgrundloser Befristungen seien. Dazu zählt er die Grünen, aber auch Teile der Union.
Auch bei der gesetzlichen Personalbemessung in Kliniken verweist Bsirske bei allen vier Parteien auf Aussagen, die Bedingungen für Pflegefachkräfte verbessern bzw. zusätzliche Stellen schaffen zu wollen. „Da hilft, dass in vielen Krankenhäusern Pflegekräfte jetzt aktiv werden und Druck machen für Mindestregelungen zur Personalbemessung“, sagte der ver.di-Vorsitzende. Heike Langenberg
Das komplette Interview der ver.di-Mitgliederzeitschrift „ver.di publik“ mit dem ver.di-Vorsitzenden Frank Bsirske ist im Internet nachzulesen unter http://tinyurl.com/ydgqxrl8
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